Studentische Wohnstrategien unter Anpassungsdruck : Eine handlungstheoretische Betrachtung der Wohnungssuche von Studierenden und deren Einfluss auf den Hamburger Wohnungsmarkt

Die wachsende Gruppe der Studierenden ist wegen ihres unterdurchschnittlichen Einkommens besonders stark von den jüngsten Mietpreissteigerungen in deutschen Großstädten betroffen. Ihre geringen Erfahrungen am Wohnungsmarkt sowie die mit dem Studium verbundenen hohen Mobilitäts- und Flexibilitätserfordernisse führen selbst bei finanzkräftigeren Studierenden zu Schwierigkeiten bei der Wohnraumversorgung. Welche Strategien und Ressourcen Studierende nutzen, um trotz dieser materiellen und strukturellen Zwänge eine Unterkunft zu finden, ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit. Dabei wird das studentische Wohnhandeln als ein Teil der Reproduktion der gesellschaftlich-wirtschaftlichen Strukturen des Wohnungsmarkts verstanden. Um dieser Dualität aus Struktur und Handeln gerecht zu werden, wird die verwendete individualistischhandlungstheoretische Perspektive um eine strukturationstheoretische Konzeptualisierung des Wohnungsmarkts ergänzt. Das Untersuchungsgebiet umfasst die durch steigende Wohnkosten und Studierendenzahlen geprägte Hansestadt Hamburg, in der problemzentrierte Interviews mit am Wohnungsmarkt aktiven Studierenden durchgeführt wurden. Gespräche mit professionellen Wohnungsmarktakteuren sowie umfangreiche Sekundärdaten zum Hamburger Wohnungsmarkt wurden dabei als Kontextinformationen verwendet. In Bezug auf die geringe finanzielle Kapitalverfügbarkeit von Studierenden hat sich gezeigt, dass diese verstärkt soziales Kapital nutzen, um Zugang zu Wohnungsmarktinformationen oder ressourcenstarken Akteuren zu erhalten. Kulturelles Kapital hilft ihnen bei der Interaktion mit professionellen oder studentischen Marktteilnehmern, weist jedoch wie das Sozialkapital starke räumliche Bindungen auf, wodurch es Zugezogenen seltener zur Verfügung steht. Studierende sind ferner sehr tolerant bezüglich ihrer physisch-materiellen Wohnpräferenzen, was nicht nur an den geringen Erwartungen während der Wohnungssuche liegt, sondern auch an dem begrenzten zeitlichen Horizont studentischen Wohnens. Unsichere Wohnverhältnisse werden durch das Zurückgreifen auf familiäre Wohnressourcen und flexible Haushaltsstrukturen kompensiert, die oft in gemeinschaftlichen Wohnformen münden. Sie sind zusammen mit anderen Formen der Zwischen- und Untervermietung Teil einer sekundären Zirkulationssphäre, die zu einer räumlichen und zeitlichen Verdichtung bestehender Wohnnutzungen führt. Die Regel-Ressourcen-Komplexe dieser sekundären Sphäre sind stärker verständigungs- und normorientiert, als die zweckrationalen und renditeorientierten Verteilungsmechanismen des klassischen Mietwohnungsmarkts, wodurch sie für Studierende besser zugänglich sind. Die sekundäre Zirkulationssphäre flexibilisiert den Mietwohnungsmarkt entlang studentischer Präferenzen und basiert dabei auf den Ungleichgewichten der ersten Zirkulationssphäre. Die Arbeit wirft weitere Fragen um die Unterstützung von Studierenden am Wohnungsmarkt auf, insbesondere in Hinblick auf die Schaffung gerechter und gleichwertiger Studienbedingungen. Der aktuell umfangreich stattfindende Ausbau der öffentlichen und privaten Wohnheimkapazitäten wird das Angebot an studentischem Wohnraum in Art und Umfang zukünftig deutlich verändern. Welche Auswirkungen dies auf die Wohnraumversorgung und sozialräumliche Wohnstandortverteilung von Studierenden in Deutschland hat, bleibt Gegenstand weiterer Forschung.

The recent rent increases in German university cities are a major concern for low-income students. However, even financially stronger students experience difficulties in finding appropriate accommodation due to their lack of experience with the housing market, high study-related mobility, and flexibility requirements. The identification of resources and strategies, which students are using to compensate for these structural and material constraints, is the main focus of this thesis. Within this context, students housing-related actions are interpreted as the reproduction of the social and economic structures of the housing market. To cope with this duality of structure and agency the applied subjectivist perspective is complemented by Giddens theory of structuration. The city of Hamburg, which is characterised by rising housing costs and an increasing number of students, represents the spatial area of investigation. Problem-focussed interviews with students and housing market professionals are the main source of empirical data. Additionally, the results were further strengthened by relating them to statistics of Hamburg’s housing market and student demand. The thesis shows that students compensate the restricted availability of financial capital with other forms of capital. Social capital is used to get access to housing market information or to resourceful actors. Cultural capital is used to interact with professional agents or other students. However, both forms of capital are spatially tied; for international students or students from other cities they are harder to acquire than for local students. Furthermore, students are tolerant concerning the physical qualities of their accommodation, not only because of low expectations of student housing in general but also because of the temporality of student living. Subsequently, they are facing unsecure housing conditions with parental support and flexible household compositions. This often leads to forms of shared living, interim leasing, and subletting, which constitutes a secondary circulation sphere. Hence, this sphere generates temporally and spatially compressed housing practises. The rules and resources of this sphere are more norm- or communication-oriented than the instrumental-rational and profit-oriented mechanisms of the first circulation sphere. Therefore, for students it is easier to get access to this part of the housing market than to the conventional rental market. Overall, the secondary circulation sphere is not independent, but rather based on the disequilibrium of the first circulation level. This work is raising questions about the support of students finding appropriate accommodation, as well as just and equal study conditions. The present expansion of public and private student accommodation will change the supply of student housing in the near future. In further studies it has to be investigated if this development will alter the housing situation and residential locations of students throughout Germany significantly.

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