Fromme Störenfriede : Über Erinnerungskonkurrenzen im Christentum

Denkmalstürze und spontane Beschriftungen sind heute längst nicht mehr theologisch, sondern zivilgesellschaftlich motiviert, nicht mehr aus einem Heilsmonopol der einzig wahren Kirche und der Vernichtung der falschen Lehre begründet. Gerade aus kirchengeschichtlicher Perspektive können wir den konfessionellen Aggressionen früherer Jahrhunderte deshalb mit wohltuender Distanz begegnen und aus ihnen idealerweise Regeln und Gesetzmäßigkeiten öffentlicher Gedächtniskulturen an Orten und Tagen, in Liturgien und Literaturen ableiten, also Strukturen der Beanspruchung von Geschichte durch strategisches Erinnern und Vergessen. Exemplarisch geht der Autor solchen Strategien in der Martyrisierung von Toten und der Sakralisierung von Orten nach, um Gedächtniskämpfe zwischen religiösen Konkurrenten in verschiedenen Epochen erklären zu können, und plädiert abschließend für christliche Buß- und Versöhnungsbereitschaft zugunsten einer neuen europäischen Erinnerungskultur.

Today, monument overthrows and spontaneous inscriptions are no longer theologically but civically motivated, no longer based on a salvation monopoly of the one true Church and the destruction of false doctrine. Especially from the perspective of church history, we can therefore encounter the confessional aggressions of earlier centuries with a pleasant distance and ideally derive from them rules and regularities of public cultures of memory in places and days, in liturgies and literatures, i.e. structures of claiming history through strategic remembering and forgetting. Exemplarily, the author traces such strategies in the martyrisation of the dead and the sacralisation of places in order to be able to explain memory struggles between religious rivals in different epochs, and concludes by pleading for Christian willingness to repent and reconcile in favour of a new European culture of memory.

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